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Jahresbericht 2021

„Wer nur im Heute denkt, der verpasst Chancen fürs Morgen.“ – Stiftung Maria Ebene: Sucht neu denken

Götzis (A). Die Stiftung Maria Ebene – das Vorarlberger Kompetenzzentrum in allen Suchtfragen – präsentierte am Donnerstag, den 19. Mai 2022 ihre aktuellen Zahlen zum vergangenen Geschäftsjahr im Rahmen einer Pressekonferenz. Aus der aktuellen Arbeit zeigt sich, dass nicht nur aufgrund von Corona „Sucht“ neu gedacht werden muss. Das Konsumverhalten hat sich verändert und auch als Arbeitgeber setzt die Stiftung Maria Ebene neue Impulse.

 

Am Donnerstag, den 19. Mai 2022 lud die Stiftung Maria Ebene zur Präsentation ihres neugestalteten Jahresberichts 2021 in die Räumlichkeiten der „SUPRO“ nach Götzis. Primar Dr. Philipp Kloimstein, MBA und Verwaltungsdirektor Mag. Günter Amann legten gemeinsam mit Mag.a Anja Burtscher, der Leiterin der Therapiestation Carina, Wolfgang Grabher, MSc, dem Leiter der Beratungsstelle Clean in Bregenz und Feldkirch und Mag. Andreas Prenn, dem Leiter der SUPRO die Zahlen, Daten und Fakten des Geschäftsjahres 2021 vor und informierten über die wichtigsten aktuellen Themen.

 

Arbeit hat sich verändert

„Wir müssen Sucht neu denken“, gibt Primar Dr. Philipp Kloimstein die Richtung für die Stiftung Maria Ebene vor und führt aus: „Und zwar nicht nur im Sinne von einem veränderten Suchtverhalten – schließlich sind heute andere Suchtmittel gefragter als vor zehn Jahren – sondern auch im Sinne der Therapieformen. Weil der Status Quo nicht immer möglich war, hat Corona uns auch viele neue und alternative Möglichkeiten in der Suchttherapie aufgezeigt und teilweise aufgezwungen. Dazu gehört etwa die vermehrte Arbeit in Kleingruppen. Für uns als Gesundheits- und Sozialeinrichtung war und ist aber sicher auch die Situation der Mitarbeitenden eine Herausforderung. In Zukunft wird es darum gehen, die Suchttherapie für Betroffene gleichermaßen wie für die Mitarbeitenden attraktiver zu gestalten.“ Nachwuchsförderung und Ausbildung sind in diesem Zusammenhang essentiell. Neue Impulse in diese Richtung gibt es bereits: Seit 2021 ist die Stiftung Maria Ebene Lehrkrankenhaus der Medizinischen Universität Wien. „Damit setzen wir bereits im Medizinstudium Akzente für Ärztinnen und Ärzte von morgen. Durch die Nähe zur Ausbildung sind wir außerdem ganz dicht an den aktuellsten Behandlungsmethoden und der Forschung dran“, erklärt Dr. Kloimstein.

 

Neue Höchstauslastung bei ambulanter Beratung

2021 konnte sich die Stiftung Maria Ebene wieder mehr auf ihre Kernaufgabe – die Behandlung von suchterkrankten Menschen – konzentrieren. Die Stiftung hatte 2020 die Aufgabe wahrgenommen, gegebenenfalls subakute psychiatrische Patient:innen zu behandeln und zu betreuen, um im LKH Rankweil Platz für Covid-19-positive Patient:innen zu schaffen. Glücklicherweise war das 2021 nicht mehr nötig. „Durch die geänderten Rahmenbedingungen wurden aber im stationären Bereich die Auslastungszahlen der Jahre vor Corona nicht voll erreicht“, erläutert Verwaltungsdirektor Günter Amann. „Wir hatten im vergangenen Jahr eine durchschnittliche Auslastung der Stationen von 81,9 Prozent. In absoluten Zahlen sind das 472 stationäre Patient:innen und 613 ambulante Fälle in den Terminambulanzen des Krankenhauses sowie den Therapiestationen Carina und Lukasfeld“, so Amann weiter.

Die Arbeit in der Beratungsstelle Clean in Bregenz, Feldkirch und Bludenz war hingegen mit insgesamt 35.349 Leistungen an Klient:innen bei 1.249 betreuten Personen über dem Niveau von „Vor-Corona“ und sogar die Höchstauslastung seit der Gründung der Beratungsstelle. Die SUPRO erreichte im vergangenen Jahr trotz starker Einschränkungen 4.201 Personen, davon 777 Kinder und Jugendliche. „Stolz sind wir auch darauf, dass wir uns als Stiftung Maria Ebene in dieser schwierigen Zeit weiter als verlässlicher Arbeitgeber positionieren konnten“, führt Amann weiter aus und ergänzt: „Die Stiftung beschäftigte 2021 insgesamt 93 Vollzeitstellen im stationären Bereich sowie zusammen weitere 28 Vollzeitstellen in der Beratungsstelle Clean und der Präventionseinrichtung SUPRO.“

 

Beratungsstelle Clean gefragt wie nie

Wolfgang Grabher MSc, Leiter der Beratungsstelle Clean, ging nochmal gezielt auf die gestiegene Nachfrage an der Beratungsstelle ein: „Wir merken, dass vermehrter Bedarf an ambulanten Beratungen vorhanden ist. Im Vergleich zum Vorjahr gab es bei uns eine Steigerung von 4,3 Prozent bei der Gesamtzahl an betreuten Personen – im Langzeitvergleich mit dem Jahr 2012 betreuten wir sogar 54 Prozent mehr Menschen. Unsere Beratungen sind also gefragt wie nie.“ Beim Konsumverhalten der Klient:innen setzten sich die Trends der Vorjahre durch: Der Multiple Substanzgebrauch bleibt unangefochten an der Spitze der Suchtdiagnosen, 36,5 Prozent aller Klient:innen kamen mit dieser Diagnose in die Beratungsstellen. Mit 30 Prozent folgen darauf die Cannabinoide. Hier wurde ein besonders starker Anstieg wahrgenommen: Insgesamt kamen 50 Personen mehr mit Cannabiskonsum in die Beratung als noch 2020.

 

Stationäre Therapie mit neuen Ansätzen

Bei der stationären Therapie stand die Therapiestation Carina vor großen Herausforderungen, wie die Leiterin Anja Burtscher erklärt: „Für viele unserer Patient:innen begann das Jahr 2021 mit dem dritten Covid-Lockdown schon sehr schwierig: Rückzug, Einschränkungen, Fremdbestimmung und Anpassung. Dem mussten wir als therapeutische Gemeinschaft entgegenwirken. Dazu haben wir viele offene Gespräche geführt, zusätzliche Kommunikationsräume geschaffen und mehr Gemeinschaftsaktivitäten unternommen. Viele unserer Patient:innen waren teils auch froh, nicht alleine zuhause sein zu müssen.“ Die Veränderungen im Jahr 2021 wurden als Anlass genommen, eine Überprüfung und – wo notwendig – eine Überarbeitung und Weiterentwicklung des Betreuungskonzepts, therapeutischer Abläufe und der Hausordnung sowie das Erstellen eines Praktikumsleitfadens umzusetzen. Darüber hinaus wurden neue Arbeitsgruppen installiert, die sich mit der Zusammenarbeit der ambulanten und stationären Einrichtungen der Stiftung Maria Ebene beschäftigen. Dieser Prozess wird 2022 weitergeführt.

 

SUPRO-Präventions- und Beratungsangebot stark nachgefragt

Neu gedacht wurden auch viele Angebote der SUPRO. Die bereits 2020 entwickelten, neuen Formate haben sich bewährt und konnten durch zusätzliche Maßnahmen erfolgreich ergänzt werden. „Ein wesentlicher Schwerpunkt im Jahr 2021 waren die Entwicklung und Umsetzung des Projekts ‚Papageno – Psychische Erste Hilfe‘. Ziel der Initiative ist es, Personalverantwortliche in heimischen Unternehmen bei der betrieblichen Gesundheitsförderung zu unterstützen sowie den Mitarbeitenden ein spezielles Angebot im Bereich der Sucht- und Suizidprävention zu bieten. Das Projekt wurde gezielt als Reaktion auf die vermehrten psychischen Belastungen in Folge der Corona Krise initiiert“, erklärt Andreas Prenn, der Leiter der SUPRO. In der täglichen Arbeit wurde das – aufgrund von Corona auch telefonische – Beratungsangebot stark nachgefragt. Die wichtigsten Themen waren hier problematisches Computerspielverhalten beziehungsweise der Umgang mit den digitalen Medien, aber auch mit Cannabis, Benzodiazepinen und Amphetaminen. Insbesondere bei Jugendlichen zeichnete sich ab, dass anstatt von Zigaretten verstärkt Oral- und Kautabake sowie Nikotinbeutel – besser bekannt als Snus, Snüs oder Skruf – konsumiert werden.

 

Zukunft bleibt herausfordernd

Die Stiftung Maria Ebene wird den eingeschlagenen Weg weitergehen, ihre Betreuungsangebote an die veränderten Bedürfnisse anpassen und die Zusammenarbeit der ambulanten und stationären Einrichtungen der Stiftung sowie mit den anderen Systempartnern weiter verbessern. „Die Erfahrungen aus früheren, vergleichbaren Krisen zeigen, dass die psychischen Belastungen nicht nur kurzfristig, sondern insbesondere mittel- bis langfristig in einer Zunahme von problematischen, süchtigen Konsummustern und Verhaltensweisen resultieren. Es gilt dabei frühzeitig mit verstärkten Präventionsmaßnahmen entgegenzusteuern und sicherzustellen, dass betroffene Menschen Hilfs- und Unterstützungsangebote kennen und auch nutzen“, so Primar Kloimstein abschließend.